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28. März 2024

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Web 2.0 im universitären Bereich

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Web 2.0-Applikationen kommen in allen gesellschaftlichen Bereichen zum Einsatz, auch an den Universitäten werden derartige Tools verwendet. Das Verhältnis zwischen Lehrenden und Studierenden wird durch den Abbau informeller Hierarchien beeinflusst.

Interaktiven Web-Inhalten wird nachgesagt, von großer Bedeutung für unser soziales, aber auch unser berufliches Leben zu sein. Deshalb ist es interessant, einen Blick auf die Bedeutung des Web 2.0 in universitären Abläufen zu werfen. Vorneweg zur Begrifflichkeit: Der Terminus Web 2.0 wird im akademischen Sprachgebrauch oftmals synonym zum Begriff E-Teaching bzw. E-Learning verwendet, wobei auch hier zwischen den Stufen 1.0 und 2.0, sprich der Interaktivität der jeweiligen Tools, unterschieden wird.
Beschäftigen wir uns mit den konkreten Methoden des E-Learning, so eröffnet sich eine große Bandbreite an Möglichkeiten. Eine simple Variante ist ein Weblog, das begleitend zu einer Lehrveranstaltung eingerichtet und mit Lernunterlagen gefüttert wird. Ein weiteres Beispiel stellt der Aufbau eines Fachwikis dar, in das Studenten verschiedene Fachbegriffe selbstständig eintragen müssen. In der Praxis hat sich dies jedoch als problematisch he­rausgestellt, da die Aufgabenstellung häufig zu einem simplen Copy & Paste aus Wikipedia mutierte. An der Universität Furtwangen wurden audio-visuelle Aufzeichnungen von Vorlesungen produziert und den Studierenden als Podcast zur Verfügung gestellt. Besonders zweckmäßig erscheint diese Vorgehensweise für Studierende, die während eines Auslandsaufenthaltes Lehrveranstaltungen an ihrer Alma Mater absolvieren wollen.
An der Universität Wien kommen im Wesentlichen zwei E-Learning-Plattformen zum Einsatz, die Programme Fronter und Moodle. Auf beiden werden Lernunterlagen und Arbeitsmaterialien online gestellt, man kann relevante Daten sowie Prüfungsergebnisse abfragen. Schon seit geraumer Zeit besteht die Möglichkeit, sich online für Lehrveranstaltungen anzumelden, wobei dies oftmals zu Problemen führte, da die große Zahl an gleichzeitigen Zugriffen die Server regelmäßig überlastete. An der Universitätsbibliothek Wien wird am E-Books on Demand-Projekt gearbeitet. Hierbei können BenutzerInnen eine Digitalisierung jedes Buches aus dem Bestand der Hauptbibliothek in Auftrag geben, das urheberrechtsfrei ist und dessen Zustand eine Digitalisierung erlaubt. Des Weiteren gibt es eine Vielzahl von Diskussionsforen, in denen sich Studierende der unterschiedlichen Studienrichtungen untereinander austauschen. Diese Message-Boards werden allerdings meistens von universitätsunabhängigen Einrichtungen wie den Studienrichtungsvertretungen zur Verfügung gestellt.

Generation Gaps
Der Einsatz all dieser Methoden hat jedoch Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen Lehrenden und Studierenden, mittlerweile fast allesamt so genannte Digital Natives. Die Kommunikationswissenschaftlerin Irene Neverla prophezeite bereits vor Jahren das Entstehen eines „Generation Gaps“ in Bezug auf den alltäglichen Umgang mit dem Internet. Prof. Dr. Ullrich Dittler, Inhaber der Professur für Interaktive Medien an der Hochschule Furtwangen und Experte für E-Learning, sieht in dieser Entwicklung positive und negative Faktoren für die Lehrenden. Auf der einen Seite sind sie gezwungen, zusätzlich zur bereits vorhandenen Fachkompetenz weitere Medienkompetenz aufzubauen. Auf der anderen Seite kommt es zu einem Machtverlust der Lehrenden, sie befinden sich in einer dauerhaften Konkurrenzsituation zu anderen Wissensquellen. Dittler sieht den Wandel der Rolle des Lehrenden weg von der „Position eines absoluten Wissensträgers hin zu der Rolle eines Coaches im konstruktivistischen Sinne“. Gleichzeitig kommt es zu einem Abbau von informellen Hierarchien, die Gleichartigkeit von Lehrenden und Studierenden wird durch den zunehmenden Einsatz von E-Learning gefördert.

Ideen der Jüngeren

Dr. Norbert P. Feldinger, Universitätslektor am Wiener Institut für Publizistik, sieht die Problematik eines möglichen „Generation Gaps“ ein wenig anders. Er konstatiert zwar, dass es durchaus zu einem solchen Phänomen kommen kann, macht jedoch nicht nur die Entwicklung des Internets dafür verantwortlich: „Zu einem Generation Gap kommt es oftmals dort, wo die Bereitschaft der älteren Generation nicht ausreichend vorhanden ist, sich mit den Gedanken und Ideen der jüngeren Generation, die zumeist viel schneller auf gesellschaftliche und/oder technische Entwicklungen (dazu gehören auch die Neuen Medien) reagiert, in entsprechendem Ausmaß kritisch auseinanderzusetzen.“
Das so genannte Web 2.0 bietet also auch im akademischen Bereich, genauso wie im privaten, durchaus sinnvolle Möglichkeiten, die zwischenmenschliche Kommunikation zu erleichtern. Wie bei allen technischen Hilfsmitteln kommt es jedoch auf deren richtigen Gebrauch an. Es wird spannend sein zu beobachten, wie die derzeitigen und zukünftigen technischen Entwicklungen in einer sinnvollen Art und Weise in die universitären Abläufe eingebunden werden können.

Philipp Spichtinger, Economy Ausgabe 86-10-2010, 27.08.2010