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29. März 2024

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Schall verbessert Sichtbarkeit

Schall verbessert Sichtbarkeit© piqs.de/greto garbo

Die TU-Wien entwickelt eine neue Mikroskopiemethode zur Aufnahme und Sichtbarmachung kleinster Moleküle. Bei der sogenannten Nanomechanischen Absorptions-Mikroskopie wird statt Licht nun Schall gemessen. Mit dem Projekt wurde abermals eine Veröffentlichung in einem international renommierten Fachjournal erreicht, diesmal im Magazin PNAS.

Einzelne Moleküle kann man nicht fotografieren. Um Objekte abzubilden, die kleiner sind als die Wellenlänge des Lichts, werden spezielle Techniken benötigt. Entweder werden Elektronenmikroskope genutzt oder man bestimmt die Position bestimmter fluoreszierender Moleküle über eine große und nacheinander aufgenommene Zahl von Bildern.
Ein Team der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der TU Wien konnte aktuell nach jahrelanger Forschung eine neue Mikroskopie-Methode präsentieren, mit der einzelne Moleküle abgebildet und zudem zuverlässig bestimmt werden können. Die Moleküle werden dabei auf einer winzigen Membran platziert und mit einem Laser bestrahlt. Gemessen wird, wie sich das Schwingungsverhalten der Membran dadurch verändert. Die entscheidende Messgröße ist somit nicht Licht, sondern eine mechanische Schwingung und damit der Schall. Veröffentlicht wurde die neue Methode nun im renommierten Fachjournal PNAS.

Das Molekül auf der Membran und die besondere Schwingung
„Wir bringen einzelne Moleküle auf ganz bestimmte, extrem dünne Membranen auf. Danach wird die Membran von einem Laserstrahl abgetastet“, erläutert Silvan Schmid vom Institut für Sensor- und Aktuatorsysteme der TU Wien. Der Forscher beschäftigt sich mit der Wechselwirkung von elektromagnetischer Strahlung und winzigen mechanischen Strukturen. Hier wird
die Wellenlänge des Laserlichts so gewählt, dass es besonders stark mit dem gesuchten Molekül wechselwirkt. Trifft der Laserstrahl auf das Molekül, nimmt es Energie auf und erwärmt dadurch die Membran in seiner Umgebung. Diese Erwärmung wiederum bewirkt, dass sich die Schwingfrequenz der Membran verstimmt.

„Man kann sich das vorstellen wie eine kleine Trommel. Wenn sich die Trommelmembran erwärmt, wird sich auch das Trommelgeräusch ändern. Dasselbe geschieht bei unseren Mikro-Membranen“, sagt Schmid. Die Membran schwingt mit einer Frequenz in der Größenordnung von etwa 20 Kilohertz, das entspricht einem sehr hohen Ton, in einem Frequenzbereich den zumindest Kinder normalerweise gerade noch hören können. Das Geräusch der Membran im nanomechanischen Absorptions-Mikroskop ist jedoch viel zu leise um wahrgenommen zu werden. Es wird daher mit optischen Sensoren gemessen.

Wenn man die gesamte Membran Punkt für Punkt mit dem Laser beleuchtet und jedes Mal die akustische „Verstimmung“ der Membran misst, kann man dann berechnen, wo ein Molekül sitzt – und so lässt sich ein Bild mit hohem Kontrast erzeugen. „Wir haben die Methode auf Fluorophore angewandt, das sind fluoreszierende Moleküle, die auch mit anderen Methoden abgebildet werden können. Dadurch konnten wir zeigen, dass unser Schwingungs-Bild tatsächlich stimmt“, so Schmid. „Unsere Methode lässt sich allerdings auch auf andere Moleküle anwenden. Man muss nur die Wellenlänge des Laserlichts richtig wählen.“

Übergreifende Forschungsgruppe an TU-Wien
Entscheidend für das Funktionieren der neuen Methode war, passende Membranen herzustellen. „Wir benötigen ein Material, das sein Schwingungsverhalten möglichst deutlich ändert, wenn es durch einzelne Moleküle lokal erwärmt wird“, sagt Silvan Schmid. „Gelungen ist uns das schließlich mit Siliziumnitrid-Membranen mit einer Oberfläche aus Siliziumoxid.“

Silvan Schmids Forschungsteam arbeitete bei diesem Projekt mit der ebenso an der TU-Wien befindlichen Biophysik-Forschungsgruppe von Gerhard Schütz zusammen, die sich auf besonders herausfordernde Mikroskopie-Techniken spezialisiert hat.
Anwendungsmöglichkeiten für die neue Technologie gibt es viele: „Unsere neue Methode liefert ein sehr deutliches, klares Signal. Dadurch ist sie für viele Bereiche interessant. Man kann auf diese Weise einzelne Moleküle lokalisieren und analysieren, man kann Detektoren für winzige Stoffmengen bauen, man kann sie aber auch für die Festkörper-Forschung einsetzen, etwa um elektronische Schwingungen in Nano-Antennen zu messen“, ergänzt Silvan Schmid.

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red/mc, Economy Ausgabe Webartikel, 04.09.2018