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20. April 2024

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Psychisch kranke junge Menschen und ihre Behandlungsformen

Psychisch kranke junge Menschen und ihre Behandlungsformen© Pexels.com/artem

Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA) veröffentlicht Studie zu internationalen Erfahrungen rund um häusliche Behandlung und gibt Empfehlungen für Österreich.

(red/czaak) Die Behandlung psychiatrischer Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen in ihrem eigenen Zuhause (Anm. „Home-Treatment“) wird international erfolgreich eingesetzt und ließe sich – bei Berücksichtigung wichtiger Empfehlungen – auch in Österreich etablieren. Das sind die Kernaussagen einer aktuellen Studie des Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA).

Im Rahmen der Studie wurden sechs internationale Modelle für eine solche häusliche Therapieform aus vier Ländern evaluiert und klare Vorteile insbesondere im psychosozialen Bereich festgestellt. Für eine Implementierung einer solchen Behandlungsform in Österreich empfiehlt das AIHTA die Koordination mit bestehenden Therapieangeboten, die Qualifizierung notwendigen Personals sowie eine notwendige Ressourcenplanung.

Analyse von sechs internationalen Modellen
In Österreich sind viele Kinder und Jugendliche psychisch krank, doch wenige werden adäquat behandelt: Über ein Drittel der 10 bis 18-jährigen leidet einmal in ihrer Jugend an psychischen Erkrankungen - aber nur für die Hälfte von ihnen reichen die altersgerechten Behandlungskapazitäten. Die Behandlung Betroffener im eigenen Zuhause durch qualifiziertes Personal bietet hier eine Möglichkeit, Behandlungsressourcen zu entlasten und gleichwertige oder sogar bessere Erfolge zu erzielen.

Das Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA) hat für die Studie die internationale Evidenz analysiert und dabei sechs internationale Modelle für Home-Treatment aus vier Ländern (Drei x aus Deutschland, jeweils Eine x aus den Niederlanden, den USA und Kanada) verglichen. Die Kinder und Jugendlichen in den Modellen waren überwiegend zwischen 5 und 18 Jahre alt, der Großteil der Modelle umfasste alle psychiatrischen Diagnosen und erstreckte sich über eine Behandlungsdauer von 3 bis 4 Monaten.

Eindeutige Ergebnisse
Die Ergebnisse einer Analyse der Wirksamkeit dieser Modelle waren dann erstaunlich eindeutig: „Es zeigte sich klar, dass Home-Treatment zu einer Verbesserung der psychopathologischen Symptome der Kinder und Jugendlichen führt. Insbesondere bei psychosozialen Störungen kann diese Behandlungsform einen tollen Beitrag leisten und sogar stationären Behandlungen in punkto Wirksamkeit überlegen sein“, so Claudia Wild, Direktorin des AIHTA

Home-Treatment mache zudem auch weniger Krankenhausaufenthalte für die Kinder und Jugendlichen erforderlich bzw. verkürzt die Dauer. „Zu beachten gilt es aber auch, dass sich nicht alle psychiatrischen Erkrankungen gleichermaßen für eine Behandlung zu Hause eignen. Auch muss im Vorfeld geklärt werden, ob das familiäre Umfeld den Krankheitsverlauf möglicherweise negativ beeinflussen könnte. Dann wäre eine stationäre Behandlung natürlich von Vorteil“, ergänzt Wild.

Umsetzung auch in Österreich
Vor dem Hintergrund dieser Fakten passieren nun Überlegungen zur Implementierung des Home-Treatments auch in Österreich. Als ganz wesentlich erachtet das AIHTA-Team die Koordination eines Home-Treatments mit den zahlreichen, bestehenden kinder- und jugendpsychiatrischen Angeboten in Österreich. Auch müsste das mit dem Home-Treatment betraute Personal entsprechend geschult und die dafür notwendigen Ressourcen eingeplant werden.

Um eine evidenzbasierte Entwicklung im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie zu fördern, wird auch eine begleitende Evaluation bei Einführung des Home-Treatments in Österreich empfohlen. „In Summe wird ein praktikabler Ausweg aus dem aktuellen Ungleichgewicht in Österreich gezeigt, wo die Versorgung psychisch kranker Kinder und Jugendliche im Argen liegt“, so das AIHTA. Viele der jungen Menschen müssen in der Tat in der Erwachsenenpsychiatrie behandelt werden. Dabei wären bessere Behandlungsformen im eigenen Zuhause wünschenswert – und möglich.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 26.01.2021