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26. April 2024

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Studierte Nachfolger unwillig

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Die Nachfolge im Familienunternehmen ist gefährdet, wenn der Nachwuchs studiert, so eine aktuell Studie von Ernst & Young und der Uni St. Gallen.

Österreich ist ein Land der Familienunternehmen: Insgesamt sind rund 80 Prozent der heimischen Betriebe in Familienbesitz. Und sie beschäftigen etwa 70 Prozent aller Arbeitnehmer. Für viele Familienunternehmen wird die Suche nach Nachfolgern jedoch zunehmend schwieriger: Nur jeder hundertste potenzielle Nachfolger will nach dem Hochschulabschluss in den Familienbetrieb eintreten – damit gehört Österreich weltweit zu den Schlusslichtern. Studenten, die aus familiengeführten Unternehmen stammen, machen lieber Karriere in anderen Unternehmen oder gründen gleich selbst eins.
Selbst nach einer fünfjährigen Pause können sich hierzulande nur 3,4 Prozent vorstellen, im Familienunternehmen mitzuarbeiten. Der weltweite Durchschnitt liegt bei 4,9 Prozent, nur in Schottland, Dänemark, Israel und den USA ist die Lust auf eine Karriere im Familienbetrieb geringer. Grundsätzlich kann sich ein Fünftel (19,7 Prozent) der potenziellen Nachfolger weltweit vorstellen, im Familienbetrieb zu arbeiten.
Direkt im Anschluss an das Studium möchte der Großteil (22,7 Prozent) in einem großen Unternehmen tätig sein. Insgesamt streben fast 60 Prozent ein Angestelltenverhältnis in der Privatwirtschaft an, nur 3,5 Prozent wollen direkt von der Hochschulbank in den Familienbetrieb wechseln.

Der Vorteil von Erfahrungen auf fremdem Terrain
Das sind die Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY in Zusammenarbeit mit der Universität St. Gallen. In Österreich nahmen 1.500 Studenten teil. Johannes Volpini, EY Österreich, erklärt die Nachwuchssorgen so: „Das liegt einerseits an den speziell in Ländern mit guter Konjunkturentwicklung vielfältigen Karrieremöglichkeiten. Andererseits wollen sich immer mehr potenzielle Nachfolger nicht einfach ins gemachte Nest setzen, sondern sich zuerst außerhalb des eigenen Familienbetriebs beweisen.“
Das sei nicht nur negativ zu sehen: „Es kann für einen Familienbetrieb nur von Vorteil sein, wenn die Nachfolger zuerst Erfahrungen auf fremdem Terrain gesammelt haben. Wenn sie dann nach ein paar Jahren in das Unternehmen der Familie einsteigen, können sie neue wertvolle Impulse einbringen.“
In den meisten Fällen erfolgt die Übergabe nicht kostenlos, sondern zu reduzierten Preisen. Im weltweiten Durchschnitt geht die Nachfolgegeneration davon aus, das familieneigene Unternehmen ungefähr für die Hälfte jenes Preises zu erstehen, den ein externer Käufer auf den Tisch legen müsste. In Österreich verlangen die potenziellen Nachfolger ein besonders großes Entgegenkommen: Der Familienrabatt sollte durchschnittlich 59 Prozent betragen.

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red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 07.10.2015