Deutschland legt neuen Fokus auf Digitalisierung

Die neue Koalition in Deutschland schafft eigenes Digitalministerium und zahlreiche neue Programme für Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft. Was noch fehlt sind konkrete Zuständigkeiten und Finanzierungsfragen, so der deutsche Digitalverband Bitkom.
(red/czaak) Der Digitalverband Bitkom begrüßt die Schaffung eines eigenen Digitalministeriums durch die künftige Bundesregierung sowie die vielen digitalpolitischen Vorhaben der Regierungsparteien. Eingemahnt wird dabei eine schnelle Konkretisierung der Vorhaben und eine Klärung der Finanzierung. In einem aktuellen Positionspapier listet der Bitkom-Verband die wichtigsten Aspekte auf und dazu gehören einmal die Bereiche Staatsmodernisierung, Bürokratieabbau, Wirtschaftswachstum und die Stärkung der digitalen Souveränität.
Positiv sei, dass sich „digitale Vorhaben durch alle Bereiche in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft ziehen und die zahlreichen im Koalitionsvertrag angeführten Maßnahmen zu Modernisierung und Digitalisierung des Staates und zum Bürokratieabbau“. Der Koalitionsvertrag habe „digitalpolitisch insgesamt ein hohes Ambitionsniveau“. Eingefordert wird hier aber „die einzelnen Vorhaben konkret auszugestalten und mit den nötigen Finanzmitteln zu hinterlegen, damit es nicht bei allgemeinen Absichtserklärungen bleibt“.
Starkes Bekenntnis zu Rechenzentrum-Standort Deutschland
Das Bitkom-Papier beschäftigt sich auch mit dem neuen Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung. Hier brauche es „eine zügige und verbindliche Klärung der Befugnisse und Zuständigkeiten, nur so kann es zum Antreiber für die Digitalisierung werden“. Die neue Koalition „muss diese Fragen bereits mit dem Organisationserlass des Bundeskanzlers unmittelbar nach Regierungsübernahme klären“. Ein weiteres Thema ist die Digitale Infrastruktur, der Koalitionsvertrag enthält ein TK-Netzausbau-Beschleunigungs-Gesetz, das ein echtes „überragendes öffentliches Interesse“ auch für den Netzausbau vorsieht und das adressiert auch einen raschen Ausbau des Glasfasernetzes.
Ein eigener Punkt im neuen deutschen Regierungsübereinkommen ist das starke Bekenntnis zu einem Rechenzentrums-Standort Deutschland. Insbesondere die Ausweitung der Strompreiskompensationen auch auf Rechenzentren kann die digitale Infrastruktur und damit unmittelbar auch Deutschlands digitale Souveränität stärken. Ebenso bedeutend sei die Verankerung des sogenannten Digital-Only & Once-Only-Prinzips für Verwaltungsdienstleistungen im Koalitionsvertrag. Damit wird sichergestellt, dass Bürger:innen Daten künftig an einer Stelle hinterlegen können und nicht bei jedem Verwaltungsvorgang erneut angeben müssen.
Schlüsseltechnologien wie KI, Quantentechnologie und Mikroelektronik
Nächstes Thema ist die Digitale Souveränität & Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Dazu gehört die Förderung von Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz, Quantentechnologie und Mikroelektronik sowie der explizite Auf- und Ausbau der KI-Recheninfrastruktur und eine bürokratiearme und innovationsfreundliche Ausgestaltung des AI Acts. Ein eigenes Kapitel ist den Start-Ups gewidmet. Hier sind weniger Hürden für Gründungen und Beteiligungen vorgesehen sowie mehr Kapital für Innovation und Wachstum.
Ein massiver Hebel für den Bürokratieabbau sei laut Bitkom die Abschaffung der Schriftformerfordernisse per Generalklausel. Positiv sind auch die angekündigte Verabschiedung eines jährlichen Bürokratieentlastungsgesetzes sowie die vollständige Umsetzung und Ausweitung des „Pakts für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“. Ein Fokus gilt Energie & Nachhaltigkeit, wo laut Bitkom-Verband allerdings die Potenziale der Digitalisierung „außer Acht gelassen werden“.
Chancen eines europäischen Gesundheitsdatenraums
Mit der Digitalisierung besitze Deutschland einen „starken Hebel, um die CO2-Emissionen deutlich zu senken und gleichzeitig unsere Wettbewerbsfähigkeit zu steigern“. Hier „muss die neue Bundesregierung nachbessern“. Besonders hervorzuheben ist aus Bitkom-Sicht noch die Wahlfreiheit im Zahlungsverkehr und damit die Pflicht, mindestens eine digitale Bezahlmöglichkeit neben Bargeld anzubieten.
Im Bereich Gesundheit ist die Fortführung der elektronischen Patientenakte positiv, allerdings findet sich keine Erwähnung der Potenziale von KI für die Gesundheit oder auch der Chancen des europäischen Gesundheitsdatenraums (EHDS). „Hier wäre eine stärkere Fokussierung wünschenswert gewesen“, so der Bitkom-Verband. Im Bereich Bildung fehle „ein klares Bekenntnis und dazu auch die Finanzierung zum Digitalpakt 2.0“. Positiv sei dafür die datengestützte Schulentwicklung, ein Bildungsverlaufsregister und eine Schüler-ID.
Behörden der inneren Sicherheit werden besser vernetzt
Bei den Themen Verteidigung, innere Sicherheit und Cybersicherheit nehme „der Koalitionsvertrag wichtige und ambitionierte Weichenstellungen vor“. Die Bundeswehr wird digiatler und dazu gehört ein starker Fokus auf die Förderung von Zukunftstechnologien wie KI und Software Defined Defense. Behörden der inneren Sicherheit sollen zudem besser vernetzt und mit neuen Befugnissen ausgestattet werden.
Das Bitkom-Papier schließt mit einem Fazit: „Im neuen Koalitionsvertrag finden sich viele wichtige Maßnahmen. Da jedoch alle Vorhaben unter Finanzierungsvorbehalt stehen, kommt es nun auf die Priorisierung an. Ein echter Aufbruch wird nur gelingen, wenn die wichtigen Absichtserklärungen auch mit konkreten Maßnahmen hinterlegt werden“.