Unabhängiges Magazin für Wirtschaft und Bildung

15. Juli 2025

Search form

Search form

Die Frage der Schuld

Die Frage der Schuld© Pexels.com/olly

Häufigster Grund für Privatkonkurs war Überschätzung der eigenen finanziellen Möglichkeiten und schlechtes Konsumverhalten, so der KSV 1870 in seiner Analyse für 2024. Generell belastet die Österreicher das weiterhin hohe Kostenniveau.

(red/czaak) Bei über einem Drittel der Privatkonkurse ist „persönliches Verschulden“ und hier vor allem die Überschätzung der eigenen Leistungskraft und ein schlechtes Konsumverhalten die häufigste Ursache. Die ehemalige Selbständigkeit führt weiterhin bei rund einem Viertel in die Sackgasse.

Laut weiteren Erhebungen des Kreditschutzverbandes von 1870 (KSV) für 2024 sind die finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise nur bei weniger als einem Prozent der Fälle die Hauptursache. Damit rückt nun für den KSV die Bedeutung von Finanzbildung zunehmend in den Fokus und zudem wird die Rückkehr zur 5-jährigen Entschuldungsdauer für Privatpersonen gefordert.

Die nach wie vor hohen Kosten belasten die Österreicher
Die wirtschaftliche Lage der österreichischen Privathaushalte hat sich auch im Vorjahr nicht entspannt. Das anhaltend hohe Kostenniveau in Kombination mit einer nach wie vor erhöhten Inflationsrate von fast drei Prozent belastet die Österreicher unverändert. Die gestiegenen Kosten haben aber nicht zu einem sprunghaften Anstieg bei den Schuldenregulierungsverfahren geführt.

Insgesamt wurden 2024 in Österreich 8.822 Privatkonkurse eröffnet, das ist Minus von 0,3 Prozent gegenüber 2023. Auffällig sind die Ursachen: Ein Drittel davon ist auf „persönliches Verschulden“ zurückzuführen. Das entspricht einem Zuwachs von 2,4 Prozentpunkten gegenüber 2023. Gemeint ist etwa die „Überschätzung der eigenen Leistungskraft sowie ein schlechtes Konsumverhalten bzw. ein generell schlechter Umgang mit Geld.

Finanzbildung als wesentlicher Hebel
Wie aus der KSV1870 Analyse hervorgeht, tritt „persönliches Verschulden“ bei unter-40-jährigen deutlich häufiger in Erscheinung als bei den über-40-Jährigen. „Die bewusste Verschuldung aufgrund eines überbordenden Konsums betrifft alle Altersklassen, ganz besonders aber die jüngeren Generationen. Bei Gericht sehen wir viele Menschen, die sich bereits früh in ihrem Leben mit einem derart großen finanziellen Rucksack belasten, den sie kaum noch bewältigen können“, erläutert erklärt Karl-Heinz Götze, Leiter KSV1870 Insolvenz.

Angesichts dieser Entwicklung hat der KSV1870 seine Aktivitäten im Bereich der Finanzbildung weiter intensiviert und empfiehlt eine verstärkte Verankerung des Themas in den Lehrplänen. „Junge Menschen vor Verschuldung zu schützen, liegt uns besonders am Herzen. Nicht umsonst haben wir dieses Thema fest in unserer CSR-Strategie verankert“, so Götze. Seit Jahrzehnten informieren KSV-Experten über Risiken und klären über Folgen der Verschuldung auf.

Jede vierte Pleite wegen ehemaliger Selbständigkeit und die Corona-Krise
Als zweithäufigste Ursache (27 Prozent) gilt weiter eine ehemalige Selbständigkeit. Während Konsumschulden insbesondere bei Jüngeren massiv ins Gewicht fallen, wird eine ehemalige Selbständigkeit vor allem bei der Altersgruppe ab 40 Jahren deutlich häufiger als hauptsächlicher Insolvenzgrund genannt. Die Reduktion des Einkommens ist in 14 Prozent der Fälle die entscheidende Insolvenzursache.

Die finanziellen Folgen der Corona-Krise waren im Vorjahr lediglich bei 0,7 Prozent Konkurs-Ursache. Laut KSV ist also die Pandemie „kein relevanter Faktor mehr für einen Privatkonkurs“. Im Jahr 2021 war dies aber zentraler Grund für eine neuerliche Änderung des an sich gut funktionierenden Insolvenzwesens. Und so wurde es „vielen Privatpersonen ermöglicht, sich bereits nach drei, statt bis zu diesem Zeitpunkt nach fünf Jahren zu entschulden“, so der KSV, der nun wieder die Rückkehr zur 5-jährigen Entschuldungsdauer empfiehlt.

Tilgungsplan für ehemalige Unternehmer gedacht
Der KSV1870 setzt sich seit Jahrzehnten für die zweite Chance bei (redlichen) Unternehmern ein. Denn im Gegensatz zu „echten“ Konsumschuldnern sorgen redliche Unternehmer für Wertschöpfung, schaffen Arbeitsplätze und tragen damit ein ungleich höheres Risiko sowie eine deutlich höhere Verantwortung als Konsumenten. „Dass die EU dieses Thema adressiert hat, war sehr positiv und so war der Tilgungsplan von der EU vorrangig zur Entschuldung von ehemaligen Unternehmern gedacht“, sagt Götze.

In Österreich wurde im Rahmen der Umsetzung auch Privatpersonen (befristet) Zugang gewährt. „Nachdem sich aber Privatkonkurse von ehemaligen Unternehmern fundamental unterscheiden - sowohl hinsichtlich der Schulden als auch der Insolvenzursachen - sollte dieses Verfahren, so wie ursprünglich gedacht, nur ehemaligen Unternehmern offenstehen“, unterstreicht Karl-Heinz Götze vom KSV 1870.

Links

red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 30.05.2025