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06. October 2024

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Unterschiedliche Entwicklung bei Privatkonkursen

Unterschiedliche Entwicklung bei Privatkonkursen© pexels/lil artsy

Gläubigerschutzverband Creditreform analysiert endgültige Zahlen bei privaten Konkursen 2022. Gesamtzahl steigt um rund 19 Prozent. Mangels Vermögen abgewiesene Verfahren steigen um 72 Prozent.

(red/czaak) Neben den Zahlen bei Unternehmen (siehe gesonderter Bericht), hat der Gläubigerschutzverband Creditreform auch die finalen Zahlen bei den Privatinsolvenzen für das Jahr 2022 in Österreich analysiert. Die Gesamtzahl ist hier um rund 19 Prozent auf 9.079 Verfahren angestiegen und hat damit noch nicht das Vorpandemieniveau erreicht. Die Zahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren ist um 15 Prozent auf rund 8.300 geklettert, die mangels Vermögen abgewiesenen Insolvenzen gar um 72 Prozent auf 771 Verfahren.

„Der Trend bei den Privatinsolvenzen zeigt stark nach oben. Trotz guter Arbeitsmarktlage und staatlicher Hilfen führt die allgemeine Teuerungswelle bei immer mehr ÖsterreicherInnen zur Zahlungsunfähigkeit und diese Verschärfung wird sich auch im heurigen Jahr 2023 fortsetzen“, sagt Gerhard M. Weinhofer, Geschäftsführer des Gläubigerschutzverbandes Creditreform.

Die Ursachen und die Entwicklung in den Bundesländern
Die Ursachen für Insolvenzen bei Privatpersonen liegen meist im Verlust des Arbeitsplatzes, in der gescheiterten Selbständigkeit sowie generell im sorglosen Umgang mit Geld begründet. Dazu kommen oft weitere, die Insolvenz auslösende Faktoren im persönlichen Bereich wie etwa Krankheit oder Scheidung. Neu hinzu kommen die Auswirkungen von Inflation und steigender Zinsen nach dem Ende der Nullzinspolitik der EZB, so weitere Analysen der Creditreform.

Der Blick auf die Bundesländer zeigt überall steigende Insolvenzen. In Wien gab es mit einem Plus von 7 Prozent den geringsten Zuwachs. Dennoch ereignete sich ein Drittel aller Privatinsolvenzen in der Bundeshauptstadt, die Spitzenreiter bei der absoluten Zahl (2.991 Insolvenzen) ist. Fast 19 von 10.000 erwachsenen Wienern mussten Insolvenz anmelden. Burgenländer sind mit 6 von 10.000 Erwachsenen am wenigsten insolvenzgefährdet. Österreichweit waren 12 von 10.000 Erwachsenen zahlungsunfähig.

Einschätzung und Ausblick
Die pandemiebedingten Zeiten sinkender Privatinsolvenzen sind vorbei. Corona und die eigene Gesundheit stehen nicht mehr vorrangig im Fokus. Die Leute kümmern sich nun wieder verstärkt um ihre finanziellen Angelegenheiten und nehmen die durch die Insolvenzrechtsnovelle 2021 eingeführte schnellere Entschuldung in Anspruch. Die hohe Inflation zwingt viele zu Entscheidungen, welche Rechnungen vorrangig zu bezahlen sind. Die niedrige Arbeitslosigkeit und staatliche Zuschüsse helfen derzeit noch über diese Entscheidung hinweg, so die Einschätzung der Creditreform-Experten.
Im neuen Jahr werden nun höhere Stromrechnungen und Mieten schlagend und ein Blick in den Einkaufswagen zeigt die massive Verteuerung zahlreicher Produkte. Dazu kommen die durch die Zinserhöhungen angehobenen Kreditraten. „Inflation und hohe Zinsen sowie die Auswirkungen der drohenden Rezession werden 2023 die Treiber für weiter steigende Privatinsolvenzen sein. Es müßten schon massive staatliche Eingriffe durch Ausgleichszahlungen und Preiskontrollen erfolgen, wollte man das Überschreiten der Schwelle von 10.000 Privatinsolvenzen gegen Ende des Jahres verhindern“, so die abschliessende Analyse von Gerhard M. Weinhofer, Geschäftsführer von Creditreform.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 09.01.2023