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14. Februar 2025

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Fachkräftemangel gefährdet Wirtschaftswachstum

Fachkräftemangel gefährdet Wirtschaftswachstum© Pexels.com/fotios photos

Siebzig Prozent der Österreichischen Betriebe finden keine geeigneten Mitarbeiter. Dreißig Prozent verlieren dadurch Umsätze. Rekrutierungskosten steigen kontinuierlich, so neue Studie von EY.

(red/czaak) Der Motor der österreichischen Wirtschaft sind primär mittelständische Betriebe und Familienunternehmen. Beide Segmente sind bekannt für ihre Anpassungsfähigkeit und ihre Innovationskraft. Die strukturellen Veränderungen am Arbeitsmarkt stellen nun aber insbesondere kleine und mittelgroße Unternehmen vor massive Herausforderungen.

Rezession und hohe Energiepreise und Inflation als weitere Belastungen
Ein zentrales Thema ist dabei der Fachkräftemangel. Dieser ist für 67 (!) Prozent der Mittelstandsunternehmen auch weiterhin das größte Wachstumsrisiko. Als weitere Herausforderungen, Belastungen und zentrale Risiken gelten die Rezession (65 Prozent), hohe Energiepreise (61) und die Inflation (62 Prozent).

Besonders problematisch im Kontext mit dem Fachkräftemangel bleibt die Lage in spezifischen Sektoren wie dem Immobilien- und Baugewerbe, wo 36 Prozent der Unternehmen die Fachkräfterekrutierung als „sehr schwer“ einstufen. Im Tourismusbereich melden 30 Prozent der Betriebe eine „sehr schwierige“ Situation, während der Gesundheits-Sektor mit 15 Prozent vergleichsweise am wenigsten betroffen ist. 

Regionale Unterschiede und die Gründe
Ein Blick auf die Bundesländer zeigt die unterschiedliche regionale Ausprägung beim Thema Fachkräftemangel. Besonders stark betroffen sind die Unternehmen in Kärnten (42 Prozent), ähnlich prekär ist die Lage im Burgenland und in Salzburg. Im Gegensatz dazu zeigt sich Vorarlberg weniger betroffen: Hier bewerten 18 Prozent der Betriebe die Rekrutierung als „sehr schwierig“. 

Als wichtigsten Grund für den Fachkräftemangel machen die Betriebe die mangelnde Bereitschaft unter Bewerber:innen aus, in Vollzeit zu arbeiten (61 Prozent). Zweitwichtigster Grund ist der demografische Wandel bzw. die Alterung der Bevölkerung (39). Auch die mangelnde Ausbildung und Qualifikation der Bewerber:innen ist relevant (36). Und jeder vierte Betrieb prangert die unzureichende Unterstützung seitens der Regierung an, zu Jahresbeginn lag dieser Anteil noch bei 31 Prozent. Düster bleibt auch der Ausblick: 84 Prozent der Unternehmen glauben an eine weitere Verschärfung.

Fachkräftemangel auch gesellschaftspolitisches Thema
„Der Fachkräftemangel ist ein strukturelles Problem, das nicht von heute auf morgen gelöst werden kann. Besonders kleinere Unternehmen sind in diesem intensiven Wettbewerb um Talente stark gefordert, da sie häufig weniger Ressourcen für komplexe Rekrutierungsprozesse haben. Der Druck steigt, um wettbewerbsfähig zu bleiben“, erklärt Erich Lehner, Partner und Mittelstandsexperte bei EY Österreich, das österreichweit rund 500 Verantwortliche von mittelständischen Unternehmen mit 30 bis 2.000 Mitarbeiter:innen zum Thema befragt hat. 

Um nun dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, setzen mittelständische Unternehmen auf gezielte Maßnahmen wie Intensivierung von Aus- und Weiterbildungsprogrammen, die Flexibilisierung der Arbeitszeitgestaltung und das Angebot von Zusatzleistungen und Benefits. Auch der Ruf nach politischer Unterstützung kommt weiterhin, der Fachkräftemangel ist auch ein gesellschaftspolitisches Thema.

Bildungsinitiativen und politische Unterstützung als Stellschrauben
Rund 36 Prozent der befragten Unternehmen bewerten die aktuellen staatlichen Maßnahmen als unzureichend, während nur zehn Prozent eine positive Einschätzung abgeben. 54 Prozent der Unternehmen erwarten eine stärkere Förderung von Bildungseinrichtungen und gezielte Kooperationen mit Unternehmen sowie eine Erhöhung der Attraktivität spezifischer Arbeitsplätze (42) und der gezielten Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften (39 Prozent). 

„Die Politik muss handeln, es braucht Bildungsinitiativen, effizientere Anerkennungsverfahren und gezielte Unterstützung von Weiterbildungsprogrammen. Es geht um ein klares Bekenntnis zu nachhaltigen Lösungen, um den Mittelstand zu stärken und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Wenn wir hier nicht schnell reagieren, verlieren wir den Anschluss an den internationalen Wettbewerb und vergeben langfristige wirtschaftliche Chancen“, unterstreicht Erich Lehner von EY.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 23.01.2025