Kritische Erfolgsfaktoren für die Gastrobranche
Direktes Umfeld wesentlich für geschäftlichen Erfolg oder Misserfolg eines Gastrobetriebes. Aktuelle Standortanalyse von KSV1870 und RegioPlan erhebt auch Entwicklung der Insolvenzen.
(red/czaak) Trotz eines leichten Rückgangs von rund 1,5 Prozent gegenüber 2022 lag die Zahl der heimischen Gastronomiebetriebe im Vorjahr bei knapp 44.100 Betrieben. Ein konstantes Ergebnis seit 2020. Eine Standortanalyse von KSV1870 und RegioPlan Consulting zeigt, dass die umliegende Infrastruktur als entscheidendes Erfolgskriterium. Beim Thema Insolvenzen zeigt sich eine Häufung vor allem in peripheren Lagen und im Umkreis der Landeshauptstädte. Insgesamt waren im Vorjahr 662 Gastro-Betriebe von einer Insolvenz betroffen. Das entspricht einem Anstieg von 18 Prozent gegenüber dem Jahr 2022.
Hohe Energie- und Lebensmittelkosten, steigende Mieten und eine Verschiebung der Konsumausgaben
Hohe Energie- und Lebensmittelkosten, steigende Mieten und eine Verschiebung der Konsumausgaben seitens der Privathaushalte sind die primären Gründe, dass Österreichs Gastronomen schon einfachere Zeiten erlebt haben. Zwar scheinen in der Endabrechnung des Vorjahres um rund 600 Betriebe weniger auf als im Jahr 2022, die Gesamtanzahl der Gastronomiebetriebe liegt aber seit Jahren konstant zwischen 44.000 und 45.000. Damit diese gut funktionieren können, braucht es Geschäfte, Arbeitsplätze und eine gute Verkehrsanbindung in unmittelbarer Nähe.
„Der subjektive Eindruck, dass die Gastronomie stark von Insolvenzen betroffen ist, ist richtig, jedoch wird auch viel gegründet, vor allem im städtischen Raum. Dadurch blieb die Zahl der Gastronomiebetriebe in den vergangenen Jahren relativ konstant“, so Karl-Heinz Götze, Leiter KSV1870 Insolvenz. Gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019 stehen im Vorjahr um sechs Prozent weniger Gastropleiten zu Buche. Die heimische Gastronomie befinde sich mitten im Wandel. Einerseits brauche es neue Konzepte, andererseits herrscht aktuell bei den Konsumenten eine hohe Preissensibilität. Gastronomen seien trotzdem erlaubt, wenn damit eine Insolvenz vermieden werden könne.
Bessere Überlebenschance mit vielfältiger Infrastruktur in Umgebung
Das wirtschaftliche Überleben liegt aber nicht ausschließlich an den Gastronomen selbst. Eine intakte Infrastruktur spielt eine wichtige Rolle. „Damit die Gastrobetriebe genügend Speisen verkaufen, braucht es ausreichend Geschäfte, vielfältige Kultur- und Freizeitangebote oder Touristenattraktionen in der Umgebung. Je mehr davon, desto größer die Chance, dass auch die Wirtshäuser vor Ort überleben“, so Götze. Zudem ist eine verkehrsgünstige Lage ein wesentlicher Faktor. Von einer funktionierenden Infrastruktur profitieren aber nicht nur die Gastronomen selbst, sondern in weiterer Folge auch die Gemeinden.
„Aktuell ist ein eindeutiger Trend hin zu kurzen Wegen erkennbar. Konsumenten kombinieren mehrere Aktivitäten und suchen dafür geeignete Orte. Die Faktoren Zeit und Bequemlichkeit werden auch in der Freizeit immer entscheidender“, erklärt Romina Jenei, Geschäftsführerin von RegioPlan. Das häufig zitierte „Gastrosterben“ in ländlichen Regionen mit wenig Infrastruktur bestehe, auf ganz Österreich bezogen gelte das aber nicht. Es ist vielmehr eine Verlagerung in Richtung Ballungszentren mit viel Aktivität auch abseits der Gastrobetriebe erkennbar.
Tourismusregionen mit hoher Gründungsdynamik
Während Gründungen primär im Kontext mit dieser „Aktivität“ in Städten oder touristischen Gebieten passieren, zeigen sich Schließungen und Insolvenzen vermehrt in peripheren Lagen sowie im Umkreis von Landeshauptstädten. „Gastronomiebetriebe in der Nähe von Städten konkurrieren mit der zumeist vielfältigeren Gastronomie und dem Mehr an Geschäften und Freizeiteinrichtungen eines nahen Ballungsraums“, sagt Jenei.
Abseits der Städte verzeichnen vor allem klassische Tourismus-Hotspots eine größere Gründungsdynamik. So wirkt sich etwa eine hohe Zahl an Tagesgästen und Nächtigungen in der Region auf die Überlebenschance eines Gastronomiebetriebes positiv aus. Was das Verhältnis Gründungen zu Schließungen betrifft, liegt Vorarlberg mit einem Wert von 1:1,1 an erster Stelle. Bedeutet: Auf eine Schließung kommen 1,1 Gründungen. Dahinter folgen Oberösterreich (1,01) und Salzburg (0,99). Am Ende liegen das Burgenland (0,80), die Steiermark (0,79) und Kärnten (0,78).
Mehr Einwohner versus mehr Gastro versus mehr Chancen
Ein weiterer zentraler Faktor, um gastronomisch langfristig zu reüssieren, ist die Zahl der Einwohner und Arbeitsplätze einer Region. Das diese Relation nicht immer zutrifft, zeigt das Beispiel Wien. Denn obwohl die Bundeshauptstadt mit guter Infrastruktur und vielfältigen kulturellen Angeboten punktet, gibt es hier die meisten Insolvenzen. „Einerseits steigen die Gründungen, doch durch vermehrte Konkurrenz gibt es parallel auch mehr Insolvenzen“, so Götze. Den niedrigsten und damit besten Wert erzielt hier Niederösterreich. „Generell sind die Unterschiede zwischen Stadt und Land oft groß und die Zahl der Einwohner, aber auch die bestehende Infrastruktur innerhalb eines Bundeslandes sind divers“, so Jenei. Hinzu kommen Attribute wie die Vermarktung einer gesamten Region, saisonale Besonderheiten oder individuelle Fördermaßnahmen seitens der Gemeinden.