Stille Diener unter Kostendruck
Ohne Informationstechnik wären Unternehmen heute kaum lebensfähig. Zentrales Standbein sind Server. Sie betreiben Software und verarbeiten zuverlässig Daten.
Manchmal verwahrlosen sie unter irgendeinem Schreibtisch. Öfter findet man sie in eigenen, zumindest klimatisierten Zimmern. Aber eigentlich gehören sie in gut abgesicherte Räume. Ihre Arbeit erledigen sie still und leise. Sie dienen mit E-Mail, Kalendern, Unternehmens-Software, wie SAP oder Microsoft Dynamics, und halten unsere Datenbanken. Jeder weiß um ihre Existenz, doch wirklich wahrgenommen werden sie nur dann, wenn sie einmal ausfallen. Und das wird immer seltener, weil immer mehr Technik aus dem Großrechner in „kleinen“ Geräten zum Einsatz kommt. Trotz steigender Leistung und einem höheren technischen Reifegrad werden Server immer günstiger. Heute kosten Einstiegsgeräte weniger als 2.500 Euro. Wesentlich teurer ist deren Erhaltung. Trotzdem werden billige Server auf der Basis von AMD- oder Intel-Prozessoren für unternehmenskritische Applikationen immer attraktiver. Ein neuer Käufermarkt entsteht, über den die Anbieter zunehmend die Kontrolle verlieren. Analysten wie Andy Butler und Rakesh Kumar von Gartner weisen darauf hin, dass die Rechenkapazitäten von Servern über alle Architekturen hinweg schneller steigen als die Anforderungen an hochleistungsfähige Maschinen bei den Anwendern. Ergo können diese einen wachsenden Anteil der Rechenlast von den teuren Hochleistungs- auf die preiswerteren Systeme verlagern.
Pizza-Box im Rechenzentrum
Bis vor wenigen Jahren waren noch Server auf der Basis des Unix-Betriebssystems und Prozessoren der RISC-Technik das Um und Auf. Heute kommen billige, schnell austauschbare Geräte zum Einsatz. Sie laufen unter dem Unix-ähnlichen Linux und Microsoft Windows. Doch auch im Bereich der Administration hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Zum einen werden die Betriebssysteme selbst immer komfortabler, und die Hersteller liefern mittlerweile sehr brauchbare Verwaltungswerkzeuge mit. Zum anderen haben sich neue Rechnerformate, wie die so genannten „Pizza- Boxen“ oder Blade Server, etabliert, die nicht nur Platz im Rechenzentrum, sondern vor allem Energie sparen helfen. „Scale Out“ nennt sich das praktizierte System bei diesen Rechnergattungen: Reicht die Rechenleistung einmal nicht aus, werden einfach noch zusätzliche Pizza- Boxen oder Blades dazugesteckt. Bei traditionellen Server-Systemen lautet die Devise hingegen „Scale Up“. Wird hier mehr Rechenleistung benötigt, werden meist mehrere Systeme zu einem größeren konsolidiert. Doch nicht nur bessere Betriebssysteme und billigere sowie schneller austauschbare Technik haben die Server- Welt verändert. Ein großer Trend der letzten Jahre war die Herauslösung der gesamten Festplattenspeicher aus den Systemen. Diese wurden in einem Network Attached Storage (NAS) oder Storage Area Network (SAN) gehalten. Fällt eine Festplatte in diesen Systemen aus, so fängt dies die RAID (Redundant Array of Independent Disks)-Logik wieder auf. Der letzte Trend heißt Virtualisierung. Dabei laufen mehrere virtuelle Server- Betriebssysteme auf einem physischen Server. Dieses kostengünstige Stück Software ist heute selbst bei kleinsten Servern einsetzbar. Ob zentrale oder dezentrale Strukturen, entscheidend ist: Hardware wird leistungsfähiger und billiger. Die Verwaltung einfacher und qualifiziertes Personal immer überflüssiger. Theoretisch. In der Praxis braucht jeder stille Diener einen flinken Systemadministrator mit Stressresistenz.
Ausgewählter Artikel aus Printausgabe 01/2006